Welcher Luftreiniger schützt:
Experten warnen vor Corona-Trittbrettfahrern
Mobile Luftreiniger bieten, in Kombination mit Lüften, Abstand, Maske und Händewaschen, zusätzlichen Schutz vor Corona-Viren. Wichtig ist dabei aber die Wahl des richtigen Geräts. DI Peter Tappler und Prof. Hans-Peter Hutter beleuchten in einem Positionspapier für das Klimaschutzministerium Faktoren, die für die Gerätewahl wichtig sind.
Weiters erläutern sie die unterschiedlichen Funktionsweisen und warnen auch vor gefährlichen Technologien, wie etwa der Vernebelung oxidierender Substanzen.
„Die richtigen mobilen Luftreiniger können, wenn eine Lüftung durch Außenluft nicht oder nur schwer möglich ist, zusätzlichen Schutz vor SARS-CoV-2 Viren bieten“, sagen DI Tappler und Prof. Hutter. „Es sind aber täglich mehr ‚Corona-Trittbrettfahrer‘ unterwegs, die Kunden für viel Geld nutzlose und zum Teil sogar gefährliche Geräte verkaufen möchten. Daher ist es uns wichtig zu informieren. Im schlimmsten Fall riskiert man bei einigen Geräten sogar die Gesundheit.“
Ja zu Filtergeräten und Aktivkohlefiltern
Die meisten auf dem Markt angebotenen Geräte sind Filtergeräte. Zusammen mit Pollen oder Feinstaub filtern sie auch SARS-CoV-2 Viren, die auf den Aerosolpartikeln sitzen. Die Geräte sollten einen Vorfilter haben und möglichst leise sein. Der Hauptfilter hat die Mindestqualität E12, höherwertige Filter sind möglich, haben aber keinen erkennbaren Zusatznutzen. Der Vorteil: Filtergeräte sind robust und vergleichsweise günstig.
Aktivkohlefilter eignen sich gut als Ergänzung zu HEPA- oder EPA-Filtern für den Fall, dass zusätzlich zu den Partikeln auch Haushaltsgerüche entfernt werden sollen.
Gekapselte UV-Geräte: Nur im medizinischen Bereich sinnvoll
UV-Geräte werden vor allem im medizinischen Bereich eingesetzt und dienen der sicheren und vollständigen Vernichtung von Viren und Bakterien. Die Geräte sind auch für den nicht-medizinischen Bereich geeignet, sind aber teuer und außerhalb von Pandemiezeiten weniger sinnvoll, weil sie keine Partikel oder organischen Gase aus der Luft filtern. Keinen Sinn macht eine Kombination aus UV- und Filtergeräten. Die Filter entfernen ohnehin effizient Corona-Viren, eine zusätzliche Deaktivierung durch UV ist nicht notwendig.
Wenig Sinn machen UV-Geräte in offener Anwendung außerhalb medizinischer Einrichtungen. Diese sollen die Oberflächen vor Betreten eines Raumes durch Menschen desinfizieren. Selbst wenn dadurch eine gewisse Wirkung erzielt wird, hilft dies nichts gegen virenbeladene Aerosolpartikel, sobald eine infizierte Person den Raum betritt: Denn wenn Personen tatsächlich im Raum anwesend sind, ist eine offene Anwendung aufgrund der Gesundheitsgefährlichkeit von UV-Strahlen nicht möglich.
Vorsicht bei Ionisatoren, Kaltplasmatechnologie und Ozongeneratoren
Ionisatoren sollen negativ gelagerte Ionen an Staubpartikel in der Luft „andocken“, damit die dann gebildeten größeren Cluster durch Filter einfacher entfernt werden können. Geräte, die ohne Ozon- und VOC-Filter angeboten werden, sind nicht zu empfehlen, da sie – trotz möglicher Wirkung – eine gesundheitlich bedenklich hohe Belastung durch Ozon und reizende Reaktionsprodukte verursachen können.
Luftreiniger, die mit Kaltplasmatechnologie arbeiten, sollen die Umsetzung von Schadstoffen in unbedenkliche Reaktionsprodukte wie Kohlenstoffdioxid und Wasser gewährleisten. Das deutsche Bundesgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz (BGIA) bescheinigt diesen Geräten nur wenig Wirkung und warnt zusätzlich vor schädlichen Reaktionsprodukten. Eine Freisetzung von Ozon ist nicht ausgeschlossen. Bei Betrieb all dieser Geräte sollen sich keine Menschen im Raum aufhalten.
Ozongeneratoren, die in geringem Ausmaß Ozon an die Raumluft abgeben, können eine gewisse Wirkung bei der Neutralisierung von Gerüchen und organischen Verbindungen haben. Dennoch sind sie wegen der Geruchs- und Reizwirkung von Ozon und der Bildung von Nebenprodukten für Räume, in denen sich Menschen aufhalten, nicht zu empfehlen.
Finger weg von Geräten, die Substanzen vernebeln
Von einem Vernebeln von Substanzen wie Wasserstoffperoxid oder Chlordioxid in Innenräumen raten die Expert*innen ab – im Übrigen auch das Arbeitsinspektorat. Speziell wenn sich Menschen im Raum aufhalten, ist von einer Anwendung dringend abzusehen.
„Generell gilt: Mobile Luftreiniger können kein Ersatz für gute Lüftung sein“, sagt DI Peter Tappler, „bevor man jetzt schnell und vielleicht unüberlegt einen Luftreiniger kauft, sollte man lieber die wärmere Jahreszeit nutzen und öfter lüften.“ Vor allem für Schulen und Unternehmen empfiehlt Tappler den Einbau moderner mechanischer Lüftungsanlagen: „Diese Anlagen sorgen, auch abseits einer Pandemie, für frische Luft, Wohlbefinden und ein gutes Arbeitsklima, das für gute Leistung unerlässlich ist.“
Das Positionspapier des Klimaschutzministeriums zu Luftreinigung und Einbringung von Wirkstoffen kann man unter folgender Adresse beziehen: https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/luft/innenraum/arbeitskreis.html
Ein allgemein verständlicher Konsumentenratgeber zu Raumluftreinigern und mit wichtigen Tipps für einen Kauf findet sich unter: http://www.innenraumanalytik.at/luftreiniger.pdf
Zusätzlich erhalten Interessierte Infos zum passenden mobilen Luftreiniger unter der Info-Nummer: 01 / 983 80 80.
Zur Person
Peter Tappler absolvierte das Studium „Umweltanalytik“ an der TU/BOKU Wien. Seit dem Jahr 1993 leitet er das Mess- und Beratungsservice Innenraum/Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie. Seit 1999 ist er allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Fachgebiet Schadstoffe in Innenräumen, Schadstoffe in Baumaterialien, Schimmelpilze in Innenräumen. Tappler ist Mitglied des „Arbeitskreises Innenraumluft“ im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), den er seit 1999 auch leitet. Er ist Lehrbeauftragter an der Donauuniversität Krems, Department für Bauen und Umwelt und seit 2016 Lehrbeauftragter an der FH Campus Wien.
Hans-Peter Hutter studierte Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung an der Universität für Bodenkultur sowie Medizin an der Universität Wien. Seit 2015 ist Hutter stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health (ZPH) der Medizinischen Universität Wien. Sein Arbeitsschwerpunkt ist u. a. die Erforschung gesundheitlicher Auswirkungen von Umwelteinflüssen wie etwa in Innenräumen, wissenschaftlich fundierte Risikoabschätzungen und die verständliche Vermittlung von umweltbedingten Gesundheitsrisiken.